Crime Fiction

Die Anthologie enthält 19 actionreiche Short Stories um den „hard-boiled“ Detektiv Robert E. Tarne aus dem Ruhrgebiet. Der Held, zynisch, idealistisch und romantisch, ist ein Mann von Ehre, der getreu dem Spruch handelt: Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss! Gerechtigkeit ist sein oberstes Ziel. Ob er auf Kuba, in den USA oder an anderen Orten ermittelt – er bleibt seinen Prinzipien treu. Zu Gewalt und illegalen Mitteln greift er nur, um die Unschuldigen zu beschützen. Oder wenn es um der Ehre willen sein muss. Selbst bei der Konfrontation mit den finstersten menschlichen Abgründen erlebt er immer wieder anrührende bewegende Momente. Oft sind es kleinste Hinweise und Spuren oder seine Kombinationsgabe und verrückte Ideen, die ihm helfen, sich aus schwierigen Situationen zu retten. Selbst im Schatten des Todes verliert er nie seine Menschlichkeit. Die erotische Anziehungskraft der Femme fatale stellt ihn hingegen immer wieder vor zusätzliche, neue Herausforderungen. In lakonischem Ton und knappen Formulierungen steigert der Autor die Spannung bis zum dramatischen Höhepunkt. Nervenkitzel pur!

Leseprobe:

Schüsse im Dunkeln

In modernen Kriminalgeschichten wird es im­mer schwieriger, die guten von den bösen Jungs zu unterscheiden. Wenn der Jäger zum Gejagten wird, muss der Detektiv manchmal auch dunkle Methoden anwenden, um sich zu schützen und zu seinem Ziel zu gelangen. Die Grenzen zwischen Freund und Feind verwischen sich. Der Held handelt nicht immer ehrenvoll!

Nachts. Irgendwo im Ruhrgebiet. Robert E. Tarne bemerkte, dass sie ihm folgten. Es gelang ihm nicht, sie abzuschütteln. Sie klebten wie Kaugummi an seinen Fersen. Sein langer Man­tel mit dem Fischgrätmuster flatterte wie Bat­mans Umhang hinter ihm her. In der Dunkelheit hastete Tarne voran. Er hatte längst die Orien­tierung verloren. Einen Moment verharren, lau­schen. Was war das für ein Knacken? War das nur einer oder waren das mehrere? Hatten sie ihn verloren? Zum Glück kannten sie sein Ge­sicht nicht.

Warum nur konnte er als Detektiv nicht auch einmal, nur einmal, einen einfachen Fall über­nehmen? Warum musste es immer ans Äußerste gehen? Diesmal hatte es doch so seriös geklun­gen. Ein Oberregierungsrat als Auftraggeber. Er sah genauso aus wie Tarne sich einen Ober­regierungsrat vorstellte. Er sei auf einer Konfe­renz gewesen und habe auf seinem Frühstücks­tisch ein weißes iPhone gefunden. Er habe es ja abgeben wollen. Da es aber nicht gesperrt war, habe er – rein aus Neugier – einmal nachschauen wollen. Er sei dann völlig entsetzt gewesen, als er auf diesem Handy Fotos von sich gefunden hätte. Er habe sich das überhaupt nicht erklären können, wie Fremde an seine Bilder gekommen seien. Auch noch in kompromittierenden Posen. Nervös, getrieben hatte er auf Tarne gewirkt. Seine Blicke waren hektisch hin und her gewan­dert.

„Sie wissen ja …“, hatte er gesagt, „… wie das in der Politik auf dieser Ebene so ist.“ Dann sei der Besitzer des Handys an seinen Tisch gekommen und habe sein Telefon zurück­haben wollen. Da sei ihm einiges klar geworden. Der Name dieses Mannes sei Niklas Winton. Er habe sich sofort an den erinnert, weil er in seiner Position als Oberregierungsrat ein größeres Pro­jekt dieses Herrn verhindert habe. Das hätte Winton an den Rand des Ruins gebracht. Er müsse, habe Winton ihm gesagt, heute noch mit den Folgen klarkommen.

„Bitte helfen Sie mir. Diese Fotos … das sind sehr sensible Aufnahmen. Jetzt erpresst er mich damit. Die dürfen auf keinen Fall an die Öffentlichkeit gelangen. Sonst bin ich erledigt. Meine Karriere ist beendet. Er will, dass ich sein nächstes Unternehmen fördere. Dazu habe ich gar nicht die Möglichkeit. Winton hat gedroht, mich sonst zu vernichten. Aus purer Rache.“

Tarne solle das Handy zurückholen.

Es war eine wilde Geschichte. Der Oberregie­rungsrat hatte noch etwas gesagt von heikler An­gelegenheit und strengster Verschwiegenheit. Tarne sei ihm sehr empfohlen worden, er sei ein Detektiv, dem man vertrauen könne, der sehr geradlinig sein Ziel verfolgen würde. Er hätte auch gehört, dass Tarne, wenn es notwendig sei, für den Auftraggeber Dinge regele, die der Poli­zei nicht erlaubt seien. Natürlich nur, wenn es der Gerechtigkeit diene.

„Sie erwarten also“, hatte Tarne gefragt, „dass ich das Handy stehle?“

„Es sind ja meine Bilder darauf. Das Recht an meinen Bildern. Ich gebe ja zu, dass die Angelegenheit heikel ist.“

„Sind Sie sicher, dass alle Bilder auf dem Handy sind? Keine Sicherheitskopien an ande­ren Orten existieren?“

„Nein. Das hat Niklas Winton mir ver­sichert.“

„Sie glauben ihm?“

„Bei diesen Bildern? Ja doch.“

Tarne fand die ganze Geschichte so wirr, dass er aus reiner Neugierde zugesagt hatte. Trotz eines reichlich unguten Gefühls. Er musste dem Herrn Oberregierungsrat versprechen, dass er nur das Handy holen würde und sich nicht die Bilder an­sehen werde. Weil dem Herren das sonst pein­lich wäre. Nun gut.

Er hatte Erkundigungen über Niklas Winton ein­geholt, ihn überwacht und einen geeigneten Mo­ment abgewartet für die Möglichkeit, über die Terrasse in das Haus einzudringen. Tarne durch­suchte die Jacke des Besitzers, die über einem Stuhl hing, fand das weiße iPhone und nahm es an sich. Das musste es sein. Mehrere Personen hatten sich im Nebenraum aufgehalten. Tarne hörte Gemurmel und klapperndes Besteck. Ein kribbeliger Moment. Bis dahin war alles gutge­gangen. Dann erklang ein Niesen und kurz da­rauf war ein Mann in das Zimmer gekommen. Vielleicht wollte er ein Taschentuch holen. Der­jenige sah Tarne gerade noch von hinten, als er mit seiner Beute durch die Terrassentür hinaus­schlich. Das war der Beginn des heutigen Ärgers. Er hatte sie noch rufen hören.

„Das muss dieser Tarne sein.“

„Dann war die Warnung richtig.“

Woher kannten sie seinen Namen? Er musste verraten worden sein. Eine andere Erklärung gab es nicht. Aber er war so schnell aus dem Haus, also wussten sie nicht, wie er aussah. Wer war noch informiert, dass er hier war? Spielte sein Auftraggeber ein falsches Spiel? Hatte er es ihnen gesteckt? Aber warum? Hatten sie sich so sicher gefühlt, dass er nicht bis hier vordringen würde?

Tapsende Schritte, huschende Schatten. Tarne stoppte, an eine Hauswand gedrückt, wartete reglos, horchte und kontrollierte seinen Atem, bis er wieder gleichmäßiger, ruhiger war. Der Nebel, der zusätzlich über den Straßen hing, ließ alles unwirklich erscheinen. So ein Theater. Al­les wegen eines simplen Handys? Was war an diesen Fotos so brisant? Geräusche drangen ge­dämpft an sein Ohr. Sein Blut kreiste so schnell, dass er die feuchte Kälte kaum spürte. Waren sie noch hinter ihm? Hatten sie seine Spur verloren? Hatte er Glück? Nein, da hörte er sie wieder. Dieses vorsichtige, aber stetige Tapsen, lang­same schwere Schritte. Jemand mit viel Ge­wicht, so hörte es sich an. Kam näher. Das Geräusch war weg. Derjenige hatte auch ange­halten. Plötzlich hallte ein Plopp durch die Nacht und neben Tarne platzten Beton und Ge­steinssplitter aus der Hauswand.

Tarne duckte sich hinter einen Baum. Wieder: Plopp und plopp. Fetzen der Rinde spritzen. Einschüsse um ihn herum. Aus zwei Richtun­gen. Es waren mehrere. Dass sie so weit gehen würden, damit hatte er nicht gerechnet. Die hat­ten es auf sein Leben abgesehen. Wegen ein paar Bildern? Verdammt! Er musste weiter, weg hier. Je länger er an einem Platz blieb, umso eher konnte sie ihn umzingeln.

Bodenplatte für Platte vorsichtig voranschrei­ten, keine Geräusche erzeugen. Sobald er wieder lief, wurde er hörbar, dann begann auch das Trappeln hinter ihm wieder. Sie hatten ihn nicht verloren. Waren noch in der Nähe. Sie warteten auf seinen nächsten Schritt, seinen nächsten Fehler. Er musste ihnen entkommen.

Was war, wenn sie ihn erwischten? Reichte es ihnen, wenn sie das iPhone mit den Bildern zu­rückbekamen, oder würden sie ihn umlegen?

Was war das? Sie kamen wieder näher. Links sah er einen Schatten auf gleicher Höhe. Wenn sie ihn in die Zange nahmen, vor ihm und hinter ihm, dann hatte er keine Chance mehr. Wenn er sich einfach umdrehte, und ihnen entgegenging? Würden sie sich täuschen lassen? War es einen Versuch wert? Wenn er nur einen Moment Zeit hätte, einen Augenblick Ruhe, dann könnte er sich das Handy näher ansehen. Jetzt wollte er doch wissen, was auf den Fotos zu sehen war. Was war an denen so wichtig, dass sie dafür ei­nen Menschen auslöschen würden?

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